Das Sanierungsgebiet Südliche Friedrichstadt

Unter der Herrschaft Friedrich Wilhelms I wurde gegen Ende des 17. Jahrhunderts die Friedrichstadt als Stadterweiterung Berlins angelegt. Die Friedrichstraße bildete dabei die zentrale Achse der südlichen Friedrichstadt und endete im “Rondell” (heutiger Mehringplatz). Im Süden schloss sich das Hallesche Tor an, eines der Stadttore in der “Akzisemauer”, die die Friedrichstadt im Süden und Westen umschloss.

Im 18. und 19. Jahrhundert war die südliche Friedrichstadt der Wohnort bedeutsamer Literaten, Verleger und Journalisten und Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sie sich zu einem Zentrum des Druck- und Verlagswesens, dem “Berliner Zeitungsviertel”. Im Zweiten Weltkrieg wurden große Teile des Quartiers durch Bombenangriffe zerstört. Durch die spätere Teilung Berlins geriet das einst urbane Viertel in eine innerstädtische Randlage und war durch zahlreiche Brachen charakterisiert. Nach der Neubebauung im Umfeld des heutigen Mehringplatzes erfolgten erst in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit der Internationalen Bauausstellung (IBA) erste Schritte zur Wiederbelebung des Quartiers.

Das Sanierungsgebiet ist durch vielfältige kulturelle und wirtschaftliche Nutzungen geprägt und ist zugleich ein wichtiges Wohngebiet im westlichen Teil des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg. Die Entwicklungsperspektiven sind heterogen: während im nördlichen Teil durch die Nähe zum Zentrumsbereich Mitte, die gute Erschließung und die Clusterbildung der Kultur- und Medienwirtschaft eine verhaltene “Aufbruchstimmung” zu verzeichnen ist, ist am Mehringplatz eher ein Abwärtstrend zu beobachten. Die Funktion als Nahversorgungszentrum wird nur unzureichend erfüllt, was sich auch im Ladenleerstand im Rondell am Mehringplatz zeigt.

Bewohnerstruktur

Innerhalb des Sanierungsgebietes lebten im Jahr 2010 rund 6.200 Einwohner:innen. Das Gebiet ist im Vergleich zum Berliner Durchschnitt vergleichsweise jung und international. Im Bereich Mehringplatz ist die Bevölkerung überdurchschnittlich von Armut betroffen. Nahezu dreiviertel der Kinder und Jugendlichen stammen aus Haushalten ohne geregeltes Arbeitseinkommen.

Baudenkmale und Wohnungsstruktur

Die im Gebiet vorhandenen Baudenkmale aus Barock, Gründerzeit, Zwischenkriegszeit und Nachkriegsmoderne sind qualitativ bedeutend und bieten das Potenzial für eine “Zeitreise” durch 250 Jahre Berliner Baugeschichte. Gleichzeitig ist das Gebiet aber auch durch viele räumliche Brüche charakterisiert, die aus den Kriegszerstörungen und den unterschiedlichen und teilweise unvollständig realisierten städtebaulichen Planungen der Nachkriegszeit resultieren.

Die Wohnbebauung im Gebiet stammt aus drei unterschiedlichen Epochen: im Norden befindet sich ein Großteil der Wohnungen in IBA-Bauten der achtziger Jahre, südlich davon befinden sich gründerzeitliche Wohn- und Geschäftshäuser und um den Mehringplatz dominiert der soziale Wohnungsbau aus den 60er und 70er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Rondellbebauung am Mehringplatz und die sie umschließenden Großwohnbauten befinden sich weitgehend noch im Bauzustand der Entstehungsjahre. Der Sanierungsbedarf ist hier erheblich. Zu diesem Missstand kommen noch Defizite und Mängel in den öffentlichen und privaten Freiflächen und Konflikte durch die Verkehrsbelastung.

Wirtschaft

Wichtige Potenziale des Gebietes liegen in seiner Nähe zur historischen Mitte, der guten Erreichbarkeit und der Nachbarschaft zu Kultureinrichtungen und Kulturwirtschaft und den noch nicht ausgeschöpften Möglichkeiten der Tourismuswirtschaft.

Soziale und kulturelle Infrastruktur

Die Schulversorgung im Gebiet und dessen Einzugsbereich ist quantitativ ausreichend. Der Ausbau der Schulsozialarbeit mit zusätzlichem Raumbedarf und der Ausbau des Ganztagsbetriebes an weiterführenden Schulen erfordert jedoch Raumveränderungen innerhalb der Schulgebäude und -freiflächen. Im Gebiet und dessen unmittelbaren Umfeld befindet sich derzeit eine ausreichende Zahl von Kita-Plätzen, perspektivisch wird jedoch der Bedarf eines weiteren Kita-Standortes prognostiziert.
Fast alle Infrastruktureinrichtungen weisen einen erheblichen Modernisierungs- und Instandsetzungsbedarf auf. Das Angebot für Jugendliche und für Senior:innen und die Angebote in den Bereichen Sport, Bildung und Integration ist quantitativ und qualitativ nicht ausreichend.

Grün- und Freiflächen, öffentlicher Raum

Im Bereich des Mehringplatzes besteht ein Defizit an öffentlichen Spielplätzen, das zur Zeit jedoch durch private Spielplätze gemindert wird. Dem steht gegenüber, dass die bestehenden Grün- und Spielplatzflächen erhebliche Mängel der Gestaltung und des Pflegezustandes aufweisen.

Verkehr und Straßenraum

Die Eingriffe in das Straßennetz nach dem Krieg und die autogerechte Gestaltung haben zur Folge, dass zahlreiche Straßenzüge als Barrieren mit unzureichenden Querungsmöglichkeiten wirken. Das Stadtbild ist vielfach durch fehlende Raumbildung beeinträchtigt. Hinzu kommen umfangreicher Erneuerungs- und Aufwertungsbedarf und in Teilbereichen eine erhebliche Emissionsbelastung durch das hohe Verkehrsaufkommen.